Freitag, April 14, 2006

Schwarzfunk

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen äussert sich im Standard durchaus pointiert über den ORF - schade, im Fernsehen kommt er nie so herüber. Woran das wohl liegen mag?

Hier die meiner Meinung nach besten Aussagen:

STANDARD: Schauen Sie ORF?

Van der Bellen: Spät am Abend, wenn ich nach Hause komme, schaue ich gelegentlich. Aber das Programm wird zunehmend uninteressant.

STANDARD: Was gefällt Ihnen nicht?

Van der Bellen: Es ist einfach fad. Sowohl das Informationsprogramm wie auch der Rest des Programms. Die Informationssendungen, die ZiB's, die Magazine, die sind einfach langweilig und einseitig. Gesendet wird, was der ÖVP nützt, ausgeblendet wird, was ihr nicht passt. Die ÖVP tut so, als ob der ORF ihr Privatfernsehen ist. Soll die ÖVP doch den ORF kaufen, dann hat sie wenigstens auch das kaufmännische Risiko zu tragen.
[...]
Die fünf Jahre Bilanz Molterer-Lindner schauen ganz schlecht aus. Der ORF hat seine Unabhängigkeit verloren. Das ist ganz arg. Wenn die Glaubwürdigkeit dahin ist, sind die Quotenverluste kein Wunder. Damit gehen auch die Werbeeinnahmen zurück, und damit ist die kommerzielle Zukunft des ORF in Frage gestellt. Das mutet uns die ÖVP zu. Wissen eh alle, dass hinter der Kulissentür längst alles mit der ÖVP ausgemacht, dass Lindner wieder Generaldirektorin wird. Aber so wird es nicht gehen. Ich möchte wissen, was das Konzept für die nächsten fünf Jahre ist, damit der ORF nicht auch kommerziell den Bach runtergeht.

STANDARD: Was wollen Sie dagegen unternehmen?

Van der Bellen: Darüber reden zum Beispiel. Druck über die Öffentlichkeit machen. Hier steht nicht nur die Unabhängigkeit des ORF, sondern letztlich die Pressefreiheit auf dem Spiel. Insofern war der Gruß von Wolfgang an Silvio symptomatisch. Der denkt sich nichts dabei. Die Unvereinbarkeit des Medienzaren mit dem Amt des Ministerpräsidenten war Schüssel keinen Gedanken wert. Abgesehen davon, was man noch Berlusconi noch vorwerfen könnte: Korruption, Kampf gegen die Justiz, Nähe zur Mafia.

[...]

STANDARD: Was macht Monika Lindner falsch?

Van der Bellen: Der ORF wird nicht geführt. Er könnte ein zentrales Leitmedium sein. Ist er aber nicht. Politischer Druck wird entgegengenommen und an die Redaktionen weitergeben. Bei Personalfragen ist ÖVP-Nähe wichtiger als fachliche Qualifikation. Für die Langeweile, die sich breit macht, trägt die ORF-Führung gemeinsam mit der ÖVP die Verantwortung. Sogar der Sport im ORF ist langweilig.

STANDARD: Sie schauen Sport?

Van der Bellen: Wenn ich Eurosport aufdrehe, ist das spannend. Die haben es sogar geschafft, mir Curling nahe zu bringen. Die österreichischen Kommentatoren sind dagegen immer die gleichen Langweiler, ältere Herren. Die schaffen es sogar, österreichische Goldmedaillen zu einem Schnarchthema zu machen.

STANDARD: Die ÖVP hat ein Fairnessabkommen für den Wahlkampf vorgeschlagen. Werden Sie das unterstützen?

Van der Bellen: Schlägt das nicht immer jene Partei vor, die am tiefsten in die Schublade greift? Ganz ehrlich: Das soll sich der Molterer mit dem Lopatka ausmachen. Sollen die doch ein Fairnessabkommen schließen.

STANDARD: Die ÖVP hält Alfred Gusenbauer vor, in Marbella zu urlauben und dort dem Jet Set-Leben zu frönen. Ist Urlaub in Marbella verwerflich?

Van der Bellen: Mir ist das wurscht, wo Alfred Gusenbauer hinfährt. Eines kann ich aber sagen: Mit Jet Set bringe ich Gusenbauer wirklich nicht in Verbindung.

Na, der Herr Van der Bellen hat sich ordentlich auf die ORF-Generaldirektorin eingeschossen. Und dass er sich für Sport interessiert, ist für mich überraschend und neu.