Donnerstag, April 06, 2006

Multikulti und Integration

Zu diesem Thema gibt es im Standard ein interessantes Interview mit Armin Laschet, dem Minister für Generationen, Familie, Frauen und Integration von Nordrhein-Westfalen. Nach den Aufregungen um gewalttätige Ausschreitungen in Frankreich und dem Hilferuf aus einer Berliner Schule tut es gut, zu diesem Thema eine nüchterne und emotional nicht aufgeschaukelte Betrachtung zu lesen.

Ein paar Aussagen:

- zum Thema Sprachkurse für Kinder im Vorschulalter:

"Bisher war bei uns ein Test mit sechs Jahren üblich, wenn die Kinder die Sprache nicht ausreichend beherrschten, wurden sie in "Crashkurse" geschickt. Das kann man mit Managern machen, aber nicht mit Kindern."
- zur Frage, ob man integrationsunwillige Eltern und Kinder abschieben solle:

"Es geht ja um Kinder, die großteils hier geboren sind, wohin wollen sie die denn ausweisen? Meistens wurden schon die Eltern hier geboren, die können sie nicht einfach wegschicken."
- zu Forderungen nach Abschiebung, Streichung oder Kürzung der Sozialleistungen :

"In diesem aktuellen Beispiel können sie ja nicht einfach einen Bus vorfahren und 400 Schüler ausweisen. Man kann, wenn ein Einzelner unzählige, schwer kriminelle Straftaten begeht, über solche Sanktionen nachdenken, aber sie können es nicht zur generellen Lösung eines gesellschaftlichen Problems machen. Auch das generelle Kürzen von Sozialleistungen halte ich für falsch."
- zu den Fehleinschätzungen der Parteien:

"Die Union, also meine Partei, hat verkannt, dass Deutschland eine Gesellschaft vieler Kulturen ist, das, was man auch "multikulturell" nennen kann. Die Linke hat so getan, als sei multikulturell nur nett und bunt und schön und hat keinerlei Anforderungen gestellt.
Multikulturalität bedeutet aber nicht, dass jeder macht was er will – es darf keiner seine Frau schlagen oder seine Tochter zwangsverheiraten, egal, was in seiner Kultur üblich ist. Wir müssen auch Anforderungen stellen. Die Parteipositionen haben sich jetzt aufeinander zubewegt, ich glaube, dass wir jetzt auch ernsthaft Integrationspolitik betreiben können."
- zum internationalen Austausch in diesen Fragen:

"Ich glaube ohnehin, dass der Austausch unter den Mitgliedstaaten der EU auch für Fragen der Integrationspolitik wichtig ist. Wir müssen uns ansehen, was haben wir in Frankreich falsch gemacht, was passiert in den Niederlanden, was ist los in Österreich – da kann ja jeder von den anderen lernen. Bisher hat jedes Land so getan, als müsste es alles völlig neu erfinden. Wiederum ein Argument für ein gemeinsames Europa."
Was für ein Kontrast im Vergleich zu dieser aggressiven Betrachtung im Spiegel! Und dass man offenbar mit Geld für einen Bericht über Gewalt in der Schule nachgeholfen hat, kann man hier nachlesen...