Montag, März 20, 2006

Skurriles Interview

Die Nationalratswahlen - finden voraussichtlich im Herbst statt - werfen ihre Schatten voraus: ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka, durchaus bekannt für kräftige Aussagen, hat dem Standard ein Interview gegeben. Bereits der Titel "Wir können ja notfalls beichten gehen" lässt auf einiges schliessen und man wird bei der Lektüre nicht enttäuscht. Hat offenbar auch genug Leser des Standards nicht kalt gelassen, denn zum Zeitpunkt dieses Posts gab es bereits 270 Reaktionen darauf. Ein paar Auszüge:

STANDARD: Sie haben neben Jus auch Theologie studiert. Wollten Sie Priester werden?

Lopatka: Das war nie mein Ziel, aber ich habe es auch nicht ausgeschlossen.

STANDARD: Vom Theologen zum Politiker, da haben Sie sich aber um 180 Grad gedreht.

Lopatka: Eine Spur von Missionierungsgedanken schadet keinem Politiker, man darf nur kein Eiferer werden. Niemand soll glauben, dass er die ganze Wahrheit hat.

STANDARD: Als Generalsekretär täuschen Sie gut darüber hinweg. Warum eigentlich?

Lopatka: Ich täusche niemanden. Aufgabe eines Generalsekretärs ist es, die Partei auf der richtigen, in unserem Fall der christlich-sozialen, Linie zu halten. Zu schauen, dass die Erneuerungskraft nicht erlischt, neue Ideen und neue Leute dazukommen. [...]

STANDARD: Lassen Sie mich noch mal zu Ihnen kommen. Sie sind der, der in der ÖVP fürs Dirty Campaigning, schmutzige Tricks zuständig ist. Sie reden von "politischen Faulpelzen", "Tarnkappenträgern", nennen Ihr SP-Pendant Nobert Darabos "Suderbertl", gelten Fraktionskollegen als "Kampfredner". Wie passt das zu Ihrem Glauben, christlich-sozialen Denken, Nächstenliebe?

Lopatka: Ich bin davon überzeugt, dass man als Politiker überzeichnen und überspitzt formulieren muss, sonst bleibt man in der Öffentlichkeit unbemerkt: Schlagzeilen sind kurz. Den "Suderbertl" hätte ich mir aber schon sparen können. Doch man darf dem politischen Gegner das vorhalten, was stimmt: Bei den Präsidentenwahlen habe ich Heinz Fischer vorgeworfen, er trage eine "Tarnkappe", weil er so getan hat, als wäre er nicht 25 Jahre lang Vize-SPÖ-Vorsitzender gewesen.

STANDARD: Wie finden Sie ihn als Präsidenten?

Lopatka: Er hat die Rolle seines Lebens gefunden. Was mich nicht überrascht, weil er schon als Nationalratspräsident so war: staatstragend und konkrete politische Aussagen vermeidend. [...]

STANDARD: Jetzt haben Sie mich erfolgreich davon abgelenkt, zu eruieren, wie Sie Ihren Job mit Ihrem Gewissen vereinbaren.

Lopatka: Ich bin kein Scharfmacher, es wundert mich, dass ich so gesehen werde. Ich mache meine Arbeit. Punkt.

STANDARD: Ein warmherziger Katholik lügt nicht, schimpft nicht, verletzt und verspottet niemanden. Sie tun's aber.

Lopatka: Kennen Sie einen Menschen der noch nie gelogen hat? Ich muss nichts Unanständiges, nichts Unehrenhaftes machen. Aber weil Ihnen das so wichtig erscheint: Wir Katholiken haben notfalls einen großen Vorteil: Wir können ja beichten gehen.

STANDARD: Zehnmal Rosenkranz für einmal "Jammer-Dorli", wie Sie SPÖ-Frau Doris Bures genannt haben?

Lopatka: Sie sind unernst. So etwas beichte ich nie. Übrigens wird in der Wirtschaft genauso gelogen wie in der Politik. Dort geht es darum, dass man sich gegen die Konkurrenz durchsetzt. Wie, ist vielen egal. Und der Aktionär will, dass die Kurse steigen und Gewinn gemacht wird, wie das geschieht, ist ihm egal.

Aha, so ist das also...